Trotz des bösen Blutes, das zwischen ihren Familien herrschte, waren Elrik und Wirt gute Freunde geworden. Sie trafen sich inzwischen regelmäßig zum Spielen.
Nicht, dass irgendjemand davon wusste. Nach wie
vor standen die Zeichen zwischen den verhassten Nachbarn nämlich auf Streit. Vor allen
Dingen, als Tann bemerkte, dass die Hells anfingen, massiv Holz auf ihren
Zeltplatz zu bringen. Alles sah nach einem baldigen Hausbau und damit nicht
danach aus, dass die ungeliebten Nachbarn planten, tatsächlich irgendwann wieder
zu gehen.
Tann rechnete inzwischen jederzeit mit einem Angriff.
Tann rechnete inzwischen jederzeit mit einem Angriff.
Selbst Elrik fiel in dieser Zeit immer öfter auf, wie
angespannt sein Vater wirkte. Und das machte ihm Sorgen. Er wusste nicht, was
die Hells planten, aber er wusste, dass Wirt ganz sicher nicht böse war.
Doch jedes
Mal, wenn er versuchte, mit seinem Vater darüber zu reden, sagte der nur: „Mach
dir keine Sorgen! Ich werde dafür sorgen, dass euch nichts passiert.“
Und dann ließ
er ihn stehen. Elrik hatte nicht einmal die Möglichkeit, vernünftig mit
ihm darüber zu reden. Nicht, dass er überhaupt gewusst hätte, wie er das anstellen
sollte. Wie er seinen Vater davon überzeugen sollte, dass nicht alle der Hells
schlechte Menschen waren. Alles, was er momentan tun konnte, war, sich Sorgen
zu machen.
Danas Sorgen derweil waren ein wenig anderer Natur.
‚Diana wird viel zu schnell groß‘,
dachte sie gerade, als sie ihre Zweitgeborene in den Armen hielt und die blauen
Augen beobachtete, die von ihr fortgingen und über den Hof schweiften.
‚Bald schon wird sie mich auch nicht mehr
brauchen. Genau wie Jana. Jana war ja schon immer sehr viel unabhängiger,
aber in letzter Zeit bin ich froh, wenn ich sie überhaupt mal zu Gesicht
bekomme.
Wenigstens hält sie sich inzwischen
an Regeln. Da hatte diese ganze unglückselige Sache im Wald
wenigstens ein Gutes. Ich wünschte zwar, dass der arme Aan nicht darunter hätte
leiden müssen, aber dafür weiß ich jetzt, dass Jana bereut, wenn sie etwas
Falsches tut und daraus lernt. Dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass sie ein schlechter Mensch wird.‘
Sie drückte Diana an sich. ‚Ich hoffe trotzdem, dass du nicht so
unabhängig wirst. Dass du mich noch ein bisschen länger brauchen wirst.‘
‚Wenn du es nämlich
eines Tages nicht mehr tust, werden alle meine Tage wie die vermaledeiten
Abende aussehen.
Immer, wenn du schläfst und die Arbeit
getan ist, wird mir nämlich bewusst, wie allein ich inzwischen bin. Klar, ich
bin nicht wirklich allein. Es ist immer irgendjemand da. Aber dennoch fühle ich
mich so.‘
‚Manchmal kann ich
es einfach nicht ertragen, die Anderen zu sehen. Ihr Glück, ihr Unglück. Es
fühlt sich einfach so an, als würde ich nicht dazugehören. Vielleicht bin ich deshalb in letzter Zeit
lieber für mich.‘
‚Wem mache ich
eigentlich etwas vor? Ich bin in letzter Zeit lieber für mich, weil ich mich
schlecht fühle, wenn ich bei den Anderen bin. Wenn ich ihr Familienglück sehe
und an meine eigene Schuld erinnert werde.
Diese ganze verflixte Sache wird mich noch
bis ins Grab verfolgen! Ich sollte endlich mit Jin reden! Ja, ich sollte losgehen und es einfach hinter mich bringen!‘
‚Ach, verdammt! Ich
weiß nicht, wie ich das machen soll! Ich kann es einfach nicht!
Es Tann zu erzählen war eines gewesen. Und
selbst er ist immer noch sauer auf mich, obwohl er es nicht zugibt. Wenn Diana
nicht wäre, würde er wahrscheinlich überhaupt nicht mehr mit mir sprechen.
Aber Jin… Jin ist nicht so vernünftig und
beherrscht, wie sein Bruder.
Ach, es ist zum Heulen! Ich will nicht, dass er wütend auf mich wird! Ich hab so eine verdammte Angst davor, es ihm zu sagen! Ich bin so ein Feigling!‘
Ach, es ist zum Heulen! Ich will nicht, dass er wütend auf mich wird! Ich hab so eine verdammte Angst davor, es ihm zu sagen! Ich bin so ein Feigling!‘
Sie seufzte schwer.
‚Vielleicht ist es besser, wenn ich
es einfach für mich behalte. Immerhin ist Tann ja gerade eh wegen den Hells abgelenkt.‘
‚Ja, jetzt noch! Und was mache ich, wenn er sich dann
irgendwann daran erinnert, dass er ja noch seinem Bruder erzählen muss, dass er
eine Tochter hat? Jin wird mir das nie verzeihen! Schlimm genug, dass ich ihm
so viele Jahre mit Jana genommen habe.
Verdammt! Hier geht es nicht
nur um mich! Ich muss mich endlich zusammenreißen und es ihm erzählen! Wenn
schon nicht, um mein Gewissen zu beruhigen, dann für Jin und Jana. Jana hat es
verdient, ihren Vater kennenzulernen! Sie ist ihm so ähnlich und ich weiß, dass
sie mit Tann nie wirklich warm geworden ist.
Ich gehe jetzt einfach da hin und erzähle
es Jin! Ja, das werde ich machen! Los!‘
Es war nicht das Erste Mal, dass sie diesen Entschluss
fasste. Doch als sie sich dieses Mal umdrehte, war es dennoch anders. Denn
diesmal sah sie sich plötzlich jemandem gegenüber. Jemandem, der sie seit
Jahren schon heimsuchte. Jemandem, den sie all die Jahre über nicht vergessen hatte.
Und als sie
ihn sah, blieb ihr Herz beinahe stehen, nur, um danach aufgeregt
schneller zu schlagen.
Mit zwei Schritten war sie bei ihm und war ihm um den
Hals gefallen. Da war keine Zeit, darüber nachzudenken, was sie tun oder fühlen
sollte. Alle ihre Gedanken und Sorgen waren mit einem Mal wie weggewischt,
jetzt, da Jin endlich wieder bei ihr war.
„Jin! Bei den Göttern! Du bist es!“, rief sie aufgeregt,
als sie sich wieder von ihm gelöst hatte.
Sie hatte
gedacht, dass ihr Wiedersehen schwieriger werden würde, aber wie sie nun
feststellen musste, war es ganz einfach. Es war immer einfach mit Jin gewesen,
und das hatte sie so an ihm zu schätzen gelernt.
„Du bist so
groß geworden.“ Sie grinste. „Und trägst du da etwa eine Hose? Hast du nicht
gesagt, dass du viel zu großartig wärst, um so etwas zu tragen?“
Sie war so glücklich, so zufrieden mit sich und der Welt,
wie lange nicht mehr. Jetzt war endlich wieder alles in Ordnung.
Doch als der erste Freudentaumel vorüber war und sie ihm das erste Mal richtig ins Gesicht sah, erkannte sie, dass dem nicht so war. Dass etwas nicht stimmte. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Als würde er sie gar nicht wahrnehmen. Und das alarmierte Dana sofort.
Doch als der erste Freudentaumel vorüber war und sie ihm das erste Mal richtig ins Gesicht sah, erkannte sie, dass dem nicht so war. Dass etwas nicht stimmte. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Als würde er sie gar nicht wahrnehmen. Und das alarmierte Dana sofort.
„Was… ist denn
los?“
Und was dann kam, traf Dana tief drinnen. „Greta ist
tot“, war alles, was er sagte. Sein Gesicht eine emotionslose Maske.
Alle Freude verschwand augenblicklich, und da war nur noch Fassungslosigkeit in ihr.
Und es traf sie doppelt, als sie schließlich sah, wie
Jins ausdruckslose Maske zerbrach.
„Sie ist tot“,
wiederholte er, und bevor sie etwas tun konnte, sah sie Tränen über
seine Wangen laufen.
„Sie ist von einer Klippe gefallen?“
Sie hatten
sich auf dem Baumstamm niedergelassen, der vor dem Schuppen
lag. Jin hatte nur kurz geweint, aber zu sehen, dass er das überhaupt getan
hatte, war für sie noch immer zutiefst erschütternd. Sie hätte nie gedacht, ihn
jemals weinen zu sehen.
Als er
schließlich nickte, fragte sie: „Hast du sie denn gesucht?“
Er nickte
wieder, ließ den Kopf hängen. Es war schwierig, überhaupt etwas aus
ihm herauszubringen. Schon allein zu erfahren, was geschehen war, hatte sie
lange gebraucht.
„Wie ist denn
das überhaupt passiert?“, versuchte sie es weiter.
„Ich hab nur kurz nicht hingeguckt und als
ich' wieder getan hab, hab ich gesehen, wie sie gefallen ist.“
„Das ist… schrecklich…“
Sie wusste
auch nicht, was sie dazu noch sagen sollte. Sie hatte nicht damit gerechnet,
dass Greta plötzlich sterben würde. Wer rechnete auch schon mit sowas?
Sie schüttelte
den Kopf, um die nutzlosen Gedanken loszuwerden. Das half ihr alles nicht. Sie
musste sich überlegen, was sie jetzt tun sollte.
Doch sie konnte nicht verhindern, dass ihr immer neue nutzlose Gedanken kamen. Sie konnte nicht verhindern, dass Gretas Tod sie nur einen kurzen Moment getroffen hatte. Alles, was sie momentan dachte, war, dass sie froh war, dass Jin jetzt hier bei ihr war.
Doch sie konnte nicht verhindern, dass ihr immer neue nutzlose Gedanken kamen. Sie konnte nicht verhindern, dass Gretas Tod sie nur einen kurzen Moment getroffen hatte. Alles, was sie momentan dachte, war, dass sie froh war, dass Jin jetzt hier bei ihr war.
Doch das war falsch! Sie durfte so etwas nicht denken!
Also sprang sie auf die Beine, um sich selber abzulenken.
Also sprang sie auf die Beine, um sich selber abzulenken.
„Hey, Onkel! Du
bist wieder hier?“, begrüßte das Mädchen ihren Vater unbeschwert.
Dana befürchtete, dass Jin momentan nicht einmal in der
Verfassung war, mit auch nur irgendwem richtig zu reden. Doch zu ihrer
Überraschung konnte er seinen Kummer anscheinend vor dem Kind verstecken. Auch
er war erwachsen geworden, wie sie jetzt sehen konnte.
„Ich dachte,
ich komm mal zu Besuch“, sagte er und versuchte ein Lächeln. Es war falsch,
aber es wirkte echt genug, um das Kind zu überzeugen. „Und? Durftest du
inzwischen Jagen gehen?“
Jana zog unzufrieden den Mund breit, doch sie kam zu
keiner Antwort mehr. In diesem Moment mischte sich nämlich Diana ein und tat
lauthals ihren Unmut darüber kund, dass man ihren Hunger ignorierte.
Jin nutzte
diese Gelegenheit, um sich zu erheben. „Ich glaub, da braucht dich jemand“, sagte er zu Dana. „Ich werd dann mal reingehen und
hallo sagen.“
Er ging, und Dana konnte nichts anderes tun,
als ihm und Jana nachzusehen, die ihrem Vater gerade stolz vorführte, wie gut sie auf einem Bein hüpfen konnte.
Sie hatte so eine Angst davor gehabt, dass diese beiden sich sehen würden,
und jetzt war plötzlich alles so schnell gegangen, dass sie noch immer überrumpelt
davon war. Und warum hatte
ihr eigentlich niemand gesagt, dass die beiden sich anscheinend nochmal gesehen
hatten?
Solange die Kinder zugegen waren, behielt Jin die Fassung
über sich. Dennoch erzählte er natürlich auch den Anderen, was geschehen war und als er
das tat, konnte er nicht verhindern, dass sein Kummer über Gretas Tod erneut
über ihn hereinbrach.
Er weinte an
diesem Abend nicht mehr, aber dennoch sahen sie alle, wie tief getroffen er von
dem Tod seiner Gefährtin war, und seine
Familie tat ihr Möglichstes, ihm in dieser schweren Zeit zur Seite zu stehen.
Als Dana am nächsten Morgen erwachte und Jin und Jana
zusammen am Feuer sitzen sah, war ihr einziger Gedanke über diesen Anblick: ‚Das ist einfach nur richtig so.‘
Vater und
Tochter saßen beisammen und grillten gerade ihre Fische, als sie
hinzustieß. Eine Weile beobachtete Dana die beiden schweigend. Die meiste
Zeit war es Jana, die sprach, und Jin sah, trotz dem, dass er gestern Abend
noch am Boden zerstört gewesen war, relativ gefasst aus.
Nachdem sie aufgegessen hatte, verschwand Jana umgehend nach
draußen. Sie war dran, bei der Feldarbeit zu helfen, und bevor das nicht getan war, durfte sie keinen
Spaß haben, wenn man sie fragte.
„Du hast ihr
also versprochen, mit ihr jagen zu gehen?“, fragte Dana nach, als es still zwischen ihr und Jin blieb.
„Ja. Aber
erst, wenn sie größer ist.“
So, wie es
sich angehört hatte, schien Jana aber zu denken, dass er beabsichtigte, heute
noch mit ihr zu gehen. Doch Dana kam nicht dazu, das anzumerken.
„Sie ist ein
gutes Kind“, fuhr Jin fort, und seine Worte waren für sie wie ein Schlag in
den Magen. Nicht, dass er damit fertig war, sie aus der Fassung zu bringen. „Ich wünschte, ich hätte mit Greta
auch so ein tolles Kind gehabt.“
Dana fühlte
sich so unglaublich schuldig. Sie quälte sich ein Lächeln auf die Lippen, brachte aber kein Wort heraus.
Glücklicherweise musste sie das aber auch nicht mehr, da plötzlich von draußen laute Rufe zu hören waren.
„Ich geh mal nachsehen, was da los ist“, sagte Jin und erhob sich.
Er ließ sie zurück, und Dana wusste nicht, ob sie darüber erleichtert sein
sollte oder nicht. Die Schuldgefühle brachten sie beinahe um, aber andererseits hätte sie schon gern noch ein bisschen mehr Zeit mit Jin allein verbracht.
Als Jin wenig zum Ursprung des Lärms kam, standen
Tann, Luma und Lu gerade zusammen am Rande des Hofes und sahen zu den Nachbarn hinüber. Oder besser gesagt, Tann knurrte wütend Worte in seinen Bart hinein, während er giftige Blicke hinüberschoss.
„Was denn
los?“, fragte Jin ihn.
Tann zeigte
nun ihm die Zähne und ruckte mit dem Kopf in Richtung des
Nachbargrundstücks. Als Jin seinem Blick folgte, konnte auch er sehen, was den
Unmut des Stammesführers derart erregt hatte. Wie ein Skelett waren dort gerade
die ersten Wände eines Hauses dabei, zu entstehen.
„Die-bauen-ein-Haus!“,
presste Tann wütend zwischen seinen Zähnen hervor.
„Das reicht jetzt! Ich geh rüber und hau ihm so lange
aufs Maul, bis die endlich von hier verschwinden!“
Bevor
irgendjemand ihn zurückhalten konnte, war Tann losgestürmt und Jin zögerte
nicht lange, ihm zu folgen. Das würde böse enden.
Das Subjekt
des Unmutes war auch schnell gefunden und gestellt. „Ich glaube,
ich sehe ja wohl nicht richtig! Du legst es wirklich drauf an, dass ich dich
gewaltsam von hier entferne, was?“, rief Tann erbost in Dias Richtung.
„Als ob du das könntest!“
„Ich zeig
dir, was ich alles kann, du Dreckskerl!“
Lu kam gerade
rechtzeitig an, um sich zwischen die Streithähne zu stellen. Er hatte das schon öfter getan, als ihm lieb war, aber selbst er sah, dass die Situation diesmal am Eskalieren war.
„Beruhigt
euch! Wir können das alles ausdiskutieren!“, versuchte er zu beschwichtigen.
Tann sah jedoch nicht so aus, als ob er sich beruhigen
wollte. Dia war am Provozieren und Lu kannte Tann lange genug, um sagen zu
können, dass der Stammesführer mit seinen Worten am Ende war. Er stand kurz vorm
explodieren. Also ging er zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Hielt ihn zurück.
„Bitte, Tann!
Es bringt doch nichts, wenn das hier ausartet. Du weißt selber, dass das nicht
nur bei einer harmlosen Prügelei bleiben wird.“
Tann presste
die Zähne aufeinander und es sah tatsächlich danach aus, als ob er doch noch
einmal einlenken würde.
Wenn da nicht
Dia gewesen wäre. „Und du glaubst, dass du das verhindern kannst? Schwächliche
Feiglinge wie du sind die ersten, die ich mit Freude zerquetsche, wenn ich
die Gelegenheit dazu erhalte“, provozierte er in Lus Richtung, während er
selbstgefällig dabei lachte.
In dem Moment setzte sich Jin in Bewegung. Obwohl Lu
befürchtete, dass Tann auf seinen Gegenüber losgehen würde, war es Jin, der
Dia nun seine Faust spüren ließ. Er schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass der
riesige Mann wie eine Fliege zu Boden ging.
Einen kurzen
Augenblick nur war danach alles still. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Lu hielt
erschrocken den Atem an und auch Tann war nach wie vor angespannt. Dann jedoch
begann ausgerechnet der Stammesführer, gehässig zu grinsen. Im Hintergrund
brach nun sogar Luma in lautstarken Jubel aus.
Jin derweil sagte zu Dia, der noch immer vom Boden
fassungslos zu ihm aufblickte: „Weißt du, Lu ist viel zu schlau, um sich mit
dir anzulegen. Aber das braucht er auch gar nicht. Dafür bin ich ja da. Und da
ich nicht so gut mit Worten bin wie er oder so vernünftig wie Tann, werde ich dich jedes Mal verprügeln,
wenn du meinen Bruder oder irgendwen anders von meinem Stamm auch nur krumm
anguckst, kapiert?“
Er ließ Dia,
der inzwischen tatsächlich zum Schmollen übergegangen war, noch einen warnenden
Blick zukommen und drehte dann zusammen mit Tann und Lu ab.
„Dem hast du es aber gegeben!“, empfing Luma sie mit
einem Schlag in die Luft. „Das ist mein Junge! Gut gemacht!“
Jin sagte
nichts dazu. Er sah seine Mutter nur mit demselben ausdruckslosen Gesicht an,
das er trug, seitdem er am Vorabend zu ihnen gekommen war. Doch Luma sah das
anscheinend nicht. Sie wandte sich stattdessen Tann zu und erfreute sich mit
ihrem ältesten Sohn noch eine Weile an Dias Abreibung, bevor sie zusammen
mit ihm wegging.
Luma sah es vielleicht nicht, Lu aber schon. Also suchte
er das Gespräch mit seinem Bruder, sobald sie allein waren.
„Wegen vorhin…
danke“, begann er. „Auch wenn ich es nicht gutheiße, dass du ihn geschlagen
hast, weiß ich es doch zu schätzen, dass du mich vor ihm in Schutz nehmen
wolltest.“
Da legte sich
erstmals so etwas wie ein Grinsen auf Jins Gesicht. Es sah noch immer nicht so
aus wie früher, aber es war ein Anfang.
„Klar, wir
sind ja schließlich eine Familie“, sagte er. „Auch wenn du inzwischen deine
eigene hast.“
Lu hielt es
nicht für den besten Zeitpunkt, um das klarzustellen, aber er tat es trotzdem:
„Ähm… weißt du, deswegen… es hat sich nichts wirklich verändert zu früher.“
Er wusste
nicht, ob Jin es verstand, aber anscheinend tat er es. Zumindest sagte er: „Was
auch immer dich glücklich macht. Aber tu mir den Gefallen und lass Wulfgar
nicht wieder gehen, wenn er wiederkommt. Er war echt in Ordnung.“
Lu war viel zu
überrumpelt, um etwas dazu zu sagen. Alles, was er tun konnte, war, seinen
Bruder irritiert anzustarren. So sehr es ihn auch hätte freuen sollen, dass Jin
so dachte, dass er ihn akzeptiert hatte, so sehr machte er sich auch Sorgen um
ihn.
Denn es war
offensichtlich, dass Gretas Tod Jin mehr zu schaffen machte, als dass er es
zeigte.
Als Jin dann zu Dana zurückkehrte, wurde er auch von ihr mit
Jubel empfangen. „Dem hast du es aber gezeigt. Ich habe nichts anderes von dir
erwartet.“
Doch Jin tat das mit einem Schulterzucken ab und setzte sich Diana gegenüber,
die gerade auf ein paar kleine Trommeln schlug. Dana beobachtete ihn eine Weile
und übernahm schließlich wieder die Gesprächsführung, als er scheinbar weiter zu
schweigen gedachte.
„Was willst du
jetzt eigentlich machen?“, fragte sie. „Willst du hierbleiben oder willst du
zurück zu den Blums?“
„Weiß nicht.
Ich hab da ja eigentlich nix mehr zu verlieren. Bei den Blums, mein ich. Ich glaub,
die mochten mich eh nie.“
Da war aber noch
etwas anderes, das Dana beschäftigte. Sie war nur einmal zu Besuch in ihrem alten Elternhaus gewesen,
seitdem Jin den Stamm damals verlassen hatte. Aber das war schon eine
Weile her.
„Und Kinder?“,
fragte sie zögerlich. „Hatten du und Greta nicht welche?“
Jin schüttelte
nur den Kopf.
„Warum nicht?“
„Warum nicht?“
„Ist nicht
so, dass wir's nicht probiert haben. Aber es ging halt nicht. Wahrscheinlich
kann ich keine Kinder machen.“
Dana
erschrak, als die das hörte. Natürlich wusste sie, dass Jin das konnte. Er war
schließlich Janas Vater.
„Wie kommst du denn darauf? Es… kann ja auch sein, dass Greta keine Kinder bekommen konnte.“
„Wie kommst du denn darauf? Es… kann ja auch sein, dass Greta keine Kinder bekommen konnte.“
„Ich weiß es
einfach. Greta hat das auch immer gesagt.“
Das war ihre Chance. Es waren nur ein paar Worte. Alles,
was sie sagen musste, war: „Das stimmt nicht. Du hast schon eine Tochter mit
mir.“
Aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte es ihm einfach nicht sagen. Nicht jetzt. Nicht, nachdem er noch wegen Greta trauerte.
Aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte es ihm einfach nicht sagen. Nicht jetzt. Nicht, nachdem er noch wegen Greta trauerte.
Jin erhob sich jetzt und nahm Diana hoch. „Naja, was auch immer. Dann bring ich eben
dir das Trommeln bei, was?“
Er zwang sich
zu lächeln und Dana brach dieser Anblick beinahe das Herz.
Jana hatte die Feldarbeit endlich hinter sich gebracht
und war nun mit Rahn unterwegs in den Wald. Sie hatte lange gebraucht, um ihn dazu
zu überreden, ihr das Jagen beizubringen. Sie wusste ja, dass Jin es ihr auch
beibringen wollte, aber sie wollte nicht mehr so lange warten, bis er sie als
groß genug dafür ansah.
Als sie den
Waldesrand erreichten, blieb Rahn jedoch stehen und drehte sich zu ihr um. „Bevor
wir anfangen, möchte ich dich etwas fragen“, begann er. „Warum willst du
eigentlich so unbedingt jagen gehen?“
„Um stärker zu
werden, natürlich!“, antwortete sie prompt.
„Und warum
das?“
Was war das
denn für eine blöde Frage? „Damit mir nicht nochmal sowas passiert wie letztes Mal.“
Es war nicht
so, dass sie jetzt Angst davor hatte, in den Wald zu gehen oder so, aber
sie konnte nicht verleugnen, dass sie noch immer ein schlechtes Gewissen Aan
gegenüber hatte.
„Du solltest dir nicht die Schuld dafür geben“, sagte Rahn
plötzlich, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Aan tut es schließlich auch
nicht.“
„Das ist mir egal! Wenn ich stärker gewesen
wär, hätte ich ihn beschützen können!“
Rahn ging zu ihr auf Augenhöhe hinunter und sagte:
„Ich war nicht dabei, aber soweit ich das gehört habe, warst du nicht einmal in
seiner Nähe, als es passiert ist, oder?“
Plötzlich
waren da Tränen in ihren Augen. „Ja, weil ich…“, sie schniefte und ihre Stimme
zitterte, als sie weitersprach, „weil ich weggerannt bin!“ Und dann brach
es aus ihr heraus: „Wenn ich nicht weggerannt wäre, hätte ich was tun können!
Aber ich bin weggerannt! Weil ich Angst hatte! Und sie hätten deshalb sterben können! Deshalb muss ich stärker werden,
damit… damit…“
Der Rest ihrer Worte ging in Tränen unter. Sie weinte
inzwischen so bitterlich, wie es noch nie jemand zuvor bei ihr gesehen hatte. Rahn ließ sie
einen Moment lang weinen, bevor er das weinende Mädchen tröstend in die
Arme schloss.
„Gib dir nicht
für alles die Schuld, Jana. Als ich so klein war wie du, habe ich mich nicht
mal getraut, in die Nähe des Nebelwaldes zu gehen. Du bist noch jung, aber dafür bist du schon sehr mutig.“
Jana wurde noch einmal von einem Weinkrampf
durchgeschüttelt, dann jedoch zwang sie sich, sich zusammenzureißen. Sie zog
ihre Nase hoch, wischte sich über die Augen und nickte grimmig, und da ließ er sie wieder los und stand auf.
„Ich werde dir
helfen, stärker zu werden, aber du musst mir versprechen, nicht mehr ohne
Begleitung von einem Erwachsenen auf die Jagd zu gehen, ja? Das ist nämlich die
beste Methode, um zu verhindern, was euch widerfahren ist. Vorsicht
ist immer von essentieller Wichtigkeit auf der Jagd.“
Jana schluckte
ihre restlichen Tränen, die einfach nicht drinnen bleiben wollten, runter und
nickte.
„He, da du mich jetzt hast weinen sehen, musst du später aber mein
Gefährte werden!“, forderte sie ein bisschen beschämt.
„Da musst
du aber erst einmal erwachsen werden“, sagte Rahn milde lächelnd.
Nicht, dass er
wirklich daran dachte, sie eines Tages zur Gefährtin zu nehmen. Schließlich war Jana für ihn inzwischen wie eine kleine Schwester. Und er würde sie von nun an beschützen.
__________________
Hier weiterlesen -> Kapitel 36
Jin ist also (erstmal?) wieder da und er kommt gleich mit einer traurigen Botschaft.
Ich habe lange überlegt, wie ich Jins Trauer um Greta darstellen soll und ich muss sagen, dass es für mich unheimlich merkwürdig war, ihn für die Storypassagen möglichst ausdruckslos abzulichten. Immerhin war er davor ja immer ein sehr emotionsgeladener Charakter gewesen.
Ich hoffe, dass nicht nur ich den Drang verspüre, Dana mal einen kräftigen Schubs zu geben und ihr zu sagen: "Gerade jetzt solltest du ihm sagen, dass er eine Tochter hat! Damit er von seiner Trauer abgelenkt wird! Mensch!"
Immerhin einen schönen Moment hatte dieses Kapitel für mich. Jedesmal, wenn ich Streitszenen zwischen Lu und Jin damals gemacht habe, musste ich an die Szene in diesem Kapitel denken, wo Jin und Lu endlich Frieden miteinander schließen. Die beiden Brüder so zu sehen, macht mich einfach froh :D!
Es gibt diesmal wieder Outtakes (auch noch einen vom letzten Kapitel hab ich hinzugefügt) und da es Geburtstage gab, hab ich die Geburtstagskinder natürlich auch aktualisiert. Das sind: Enn, Lulu, Luis, Tanja und Diana. Die beiden Älteren haben nur ein neues Bild und die Jüngeren Abschnitt und Bild.
Wie immer bei (alten) Neuzugängen gibts auch wieder einen neuen Stammbaum und ein Gruppenbild.
Als ich die letztens übrigens mal alle durchgegangen bin, also die Gruppenbilder, musste ich feststellen, dass ich auf einem mal Tanna vergessen hatte. Ups XD.
Ach ja, Lenn ist übrigens inzwischen ja Vater geworden. Hier mal sein Sohn, da er gerade nirgends anders hinpasst:
Nächstes Mal gerät jemand in Dias Fänge.
Und bis dahin verabschiede ich mich, ein schönes Wochenende euch, und danke für's Vorbeischauen!
Hier weiterlesen -> Kapitel 36
Jin ist also (erstmal?) wieder da und er kommt gleich mit einer traurigen Botschaft.
Ich habe lange überlegt, wie ich Jins Trauer um Greta darstellen soll und ich muss sagen, dass es für mich unheimlich merkwürdig war, ihn für die Storypassagen möglichst ausdruckslos abzulichten. Immerhin war er davor ja immer ein sehr emotionsgeladener Charakter gewesen.
Ich hoffe, dass nicht nur ich den Drang verspüre, Dana mal einen kräftigen Schubs zu geben und ihr zu sagen: "Gerade jetzt solltest du ihm sagen, dass er eine Tochter hat! Damit er von seiner Trauer abgelenkt wird! Mensch!"
Immerhin einen schönen Moment hatte dieses Kapitel für mich. Jedesmal, wenn ich Streitszenen zwischen Lu und Jin damals gemacht habe, musste ich an die Szene in diesem Kapitel denken, wo Jin und Lu endlich Frieden miteinander schließen. Die beiden Brüder so zu sehen, macht mich einfach froh :D!
Es gibt diesmal wieder Outtakes (auch noch einen vom letzten Kapitel hab ich hinzugefügt) und da es Geburtstage gab, hab ich die Geburtstagskinder natürlich auch aktualisiert. Das sind: Enn, Lulu, Luis, Tanja und Diana. Die beiden Älteren haben nur ein neues Bild und die Jüngeren Abschnitt und Bild.
Wie immer bei (alten) Neuzugängen gibts auch wieder einen neuen Stammbaum und ein Gruppenbild.
Als ich die letztens übrigens mal alle durchgegangen bin, also die Gruppenbilder, musste ich feststellen, dass ich auf einem mal Tanna vergessen hatte. Ups XD.
Ach ja, Lenn ist übrigens inzwischen ja Vater geworden. Hier mal sein Sohn, da er gerade nirgends anders hinpasst:
Nächstes Mal gerät jemand in Dias Fänge.
Und bis dahin verabschiede ich mich, ein schönes Wochenende euch, und danke für's Vorbeischauen!
*Dana schubs*
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